Angst vor dem Neuen

Ich stoße die ganze Woche schon auf die Projektwoche zum Thema Angst von @tineschreibt , ich hab zwar mit Ihr so keine Kontakt gehabt aber weil die Tine geschrieben hat das Sie sich über alle Beiträge zum Projekt freut werfe ich auch mal meinen Hut in den Ring 😉


Hier mein Beitrag: Angst vor dem Neuen

Eingangs muss ich etwas ausholen. Ich habe 2004 meine Ausbildung zum Rettungsassistenten machen müssen, diese gliederte sich in einen Theoretischen Teil, ein Klinikpraktikum und ein Anerkennungsjahr in dem man bereit auf dem Rettungs- und Notarztwagen eingesetzt wird.

Ich hatte seinerzeit zwar schon viele Jahre mit Feuerwehr zu tun, jedoch mit dem Rettungsdienst als solches so gut wie gar keinen Kontakt, und ich hatte eigentlich auch gar keine Lust dazu. Auf jeden Fall hatte ich den Theorieteil bereits hinter mir und das Klinikpraktikum stand an, und ich hatte ein sehr, sehr mulmiges Gefühl.

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Wir waren zu dritt oder zu viert in dem Krankenhaus und meldeten und in der Anästhesie beim Oberarzt. Dieser sprach mit uns das Praktikum durch, auf welche Stationen wir kamen, wann welche, wer dort Ansprechpartner ist und so weiter. Man musste einige Wochen im Operationsbereich verbringen, ein paar Wochen in einer Aufnehmenden Station und einige Wochen auf einer Intensivstation.

Mein Praktikum begann mit dem Operationsbereich auf der HNO Station. Ich meldete mich nachdem ich meinen Kasack angezogen hatte und mich mit OP Schuhen, Kopfbedeckung und Mundschutz ausgerüstet hatte beim Anästhesie-Pfleger und los ging es. Anfangs schaute ich bei der OP Einleitung nur zu, später zog ich Medikamente auf, musste die Patienten mit Maske und Beatmungsbeutel beatmen bis der Anästhesist den Tubus einlegte und nach ein paar Tagen schaute der Anästhesie-Pfleger zu wie ich dem Anästhesisten assistierte.

Ich glaube in der zweiten Woche durfte ich dann das erste mal einen Zugang legen. Mehr und mehr fügte ich mich ein, machte ein bisschen mehr am Patienten. Später in der Interdisziplinären Notaufnahme durfte ich schon Patienten allein aufnehmen, die Anamnese durchführen und, nach Absprache, die Patienten in andere Diagnoseabteilungen überweisen. Auf der Intensivstation hatte ich dann auch meine eigenen Patienten, den einen im Koma, die andere wach nach Hüftoperation.

Mein mulmiges Gefühl schien einfach nur die Angst vorm Unbekannten gewesen zu sein. Ich hatte damals nie etwas mit kranken Menschen zu tun. Der Oberarzt fragte am Ende des Praktikums - übrigens ein sehr netter, loyaler und überaus freundlicher Arzt, den ich bei späteren Einsätzen immer sehr geschätzt habe - ob wir denn die Angst vor dem Patienten verloren hätten. Genau das war eingetreten, die Angst vor neuem, vor den unbekannten Patienten war weg und das ganze Praktikum war sehr positiv für mich. Viel gelernt, viel probiert und ich habe viel machen dürfen. Das wäre mir sicher verwehrt geblieben, hätte ich meiner Angst vor dem unbekanntem nachgegeben.

Angst soll uns schützen, Angst ist aber oftmals nur eine Reaktion auf etwas unbekanntes. Durch Routine kann man Angst in den Griff bekommen, reduzieren. Oder besser man sensibilisiert sie für wirklich brenzlige Situationen. Auf jeden Fall gibt es jegliche Art von Angst, diese ist vielleicht für den einen oder anderen eine weniger schlimme Facette, andere haben mehr damit zu kämpfen. Vielleicht hilft manchmal ein "es wird schon gut gehen" zumindest in einer solchen Situation.

Ich habe später nie wieder ein mulmiges Gefühl gehabt wenn ich mit dem Rettungswagen vorgefahren kam. Doch einmal, als wir Nachts zu einer Türöffnung rausfahren mussten und in einem einsamen, alten Bauernhaus ein älterer Herr tot vor dem laufenden Fernseher im Sessel saß, aber das ist eine ganz andere Geschichte 😉


Photo by Natanael Melchor on Unsplash

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