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Eine künstliche digitale Währung, die weltweite Finanztransaktionen zwischen Privatleuten möglich macht, ohne Banken einzuschalten – das war schon lange der Traum vieler Menschen. Bitcoin ist ein solches, allerdings umstrittenes Zahlungsmittel. Nun wollen auch die etablierten Finanzinstitute die neue Technologie nutzen.
Der Utility Settlement Coin (USC) ist eine digitale Währung, die Transaktionen unter Banken schneller und einfacher machen soll. Er ist das Ergebnis der Forschung der Schweizer Bank UBS zu Digitalwährungen, die seit März 2015 läuft. Neben der Deutschen Bank kündigten jetzt auch die Geldinstitute Santander, BNY Mellon und der Broker ICAP ihren Einstieg in das Projekt an. 2018 wollen sie eine marktfähige Version präsentieren.
Die Technik basiert auf der Blockchain-Technologie, die auch hinter der Digitalwährung Bitcoin steckt. Eine Blockchain ist eine Art digitales Grundbuch, das festhält, wer Eigentümer eines Wertes ist. Es liegt dezentral auf den Rechnern aller Beteiligten. Da jeder Rechner sämtliche getätigte Transaktionen kennt, ist es unmöglich, Geld doppelt auszugeben.
Blockchain revolutioniert den Finanzsektor
"Mit der Blockchain schaffen wir es, Codezeilen Wert zu geben", sagt Alex Batlin, der für die UBS die Möglichkeiten des Cybergeldes erforscht. So soll Blockchain schnelle, sichere Transaktionen an der Börse möglich machen. Börsengeschäfte lassen sich zwar sekundenschnell abschließen, doch bis Geld und Wertpapier tatsächlich den Besitzer wechseln, vergehen Tage. Sogenannte Clearinggesellschaften sind dazwischengeschaltet. Sie gewährleisten, dass beide Parteien ihren Verpflichtungen nachkommen und das Eigentum an dem Wertpapier wirklich übergeht. Das kostet Zeit und Geld. Ähnlich wie Konsumenten mit Bitcoin Banken überflüssig machen, umgeht der Utility Settlement Coin Clearinggesellschaften, die mit der Abwicklung des Nachhandels an Börsen betraut sind.
Bitcoins werden oft kritisiert, weil sich die Währung jeglicher staatlicher Kontrolle entzieht. Frank Hartmann, Pressesprecher bei der Deutschen Bank, sagt dazu: "Der Settlement Coin repräsentiert real existierende Werte. Wir schaffen keine Parallelwährung und erhöhen auch nicht die Geldmenge." Einen USC auszugeben sei gleichbedeutend damit, die dazugehörige reale Währung auszugeben. Der Settlement Coin fungiere eher als Abwicklungsinstrument, zahlen könne man mit ihm nicht. "Für die Privatkunden ändert sich nichts", sagt Hartmann. Die Entwicklung geschieht im Austausch mit Zentralbanken.
Der USC ist nur eine Möglichkeit, um die Technik der Blockchain zu nutzen. Als ein Unbekannter unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto das Konzept 2008 vorstellte, plante er inmitten der Finanzkrise ein Währungssystem, das ohne Banken auskommt. Acht Jahre später machen sich Banken die Technologie zu eigen, um die Art, wie sie handeln, zu revolutionieren.
Überall auf der Welt erforschen Finanzinstitute die Möglichkeiten von Blockchain. Die amerikanische Citigroup versucht sich beispielsweise am Citicoin. Unter dem Namen R3 haben sich 2015 insgesamt 54 große Finanzinstitutionen zusammengeschlossen, um sich über die Blockchain auszutauschen. "Es macht nur Sinn, dass sich die großen Player zusammenschließen, um Marktstandards zu etablieren", sagt Frank Hartmann von der Deutschen Bank.
Den Drachen zähmen
Anstatt den Drachen zu bekämpfen, zähmen die Banken ihn. Die Deutsche Börse ist an einem Unternehmen beteiligt, das an einem Prototypen arbeitet. "Technologie war schon immer die Quelle für strukturellen Wandel, insbesondere für Börsen", sagt Grit Beecken, Pressesprecherin der AG. "Geändert hat sich lediglich die Geschwindigkeit, in der dies passiert."
Eine Prognose, welche Auswirkungen Digitalwährungen auf unsere Art zu bezahlen haben werden, wagt kaum jemand. Fest scheint nur zu stehen, dass sich etwas ändern wird. "Blockchain-Technologie ist eine der ersten wirklich disruptiven Ideen aus dem Fintech-Sektor", sagt Thomas Dapp vom Thinktank der Deutschen Bank. Sie könnte also die bisherige Zahlungsweise ersetzen.
In einer Studie des Unternehmensberaters Cofinpro mit 86 Branchenexperten schätzten 62 Prozent der Befragten, dass die Blockchain-Technologie bestehende Geschäftsmodelle überflüssig machen wird. 58 Prozent sprachen gar von einer Revolution. Und von der UBS heißt es: "Blockchain könnte für den Finanzsektor das sein, was das Internet für die Kommunikation war."