Der Reset Button meines Lebens - Genesungstagebuch 2017 – Teil 7 (Prequel #1)


Kann man auf Steemit eigentlich anonym bleiben? - Im Golf von Venedig, am 24.08.2016

Prequel

In diesem (mehrteiligen) Prequel lasse ich die Begebenheiten vom 23. Juli 2016, dem Tag an dem ich mich bei https://steemit.com/ angemeldet habe, bis zum 1. Januar 2017, dem Tag an dem ich beschloss hier öffentlich mein Genesungstagebuch 2017 - Der Reset Button meines Lebens zu schreiben Revue passieren. Ohne diese beiden Ereignisse gäbe es diese Artikelserie nicht. Ihr könntet sie nicht lesen und mir würde eine wichtige Kraftquelle fehlen.

Da ich gedanklich gerade beim 1. Januar 2017 bin: so lautet meinen guter Vorsatz für das neue Jahr 2017: Ich werde wieder gesund! Es bleibt bei dem Einen. Ist Herausforderung genug.

Steemit

Noch nie gehört!? Was ist dieses Steemit? - Da muss ich leider etwas ausholen. Ich versuche mich trotzdem kurz zu fassen.

Steemit ist eine geniale Synthese aus Social Media Plattform (wie z.B. Facebook) und Kryptowährung (wie z.B. Bitcoin). Aber es gibt Unterschiede. Während Facebook einer Person gehört (Mark Zuckerberg), gehört Steemit niemandem. Die Software hinter Steemit ist Open Source, betreut wird das Projekt von einer Reihe engagierter Programmierer (jeder kann sich einbringen). Natürlich gab und gibt es Sponsoren, die eine Menge Geld in das Projekt eingebracht haben und nun Anteile daran halten (ähnlich wie Aktionäre), aber Steemit gehört diesen Sponsoren nicht. Steemit ist das Produkt der Gemeinschaft derer, die sich freiwillig in dieses Projekt einbringen, es weiter entwickeln und demokratisch verwalten.

Wenn du dich bei Steemit anmeldest (kostenlos) kannst du interessante Postings anderer User zu den vielfältigsten Themen verfolgen. Du kannst Freundschaften schließen und natürlich selbst Beiträge schreiben. Genau wie bei Facebook. Es gibt sogar eine Entsprechung zum gefällt mir Button. Der heißt bei Steemit upvote. Nun wird es spannend: Steemit ist auch eine Kryptowährung. (eigentlich sogar drei: Steem, Steem Power und Steem Dollar - Erklärung hier) - also digitales Geld. Für jedes upvote wird ein bestimmter Betrag dieses digitalen Geldes ausgeschüttet. Und zwar an beide: ein kleinerer Teil geht an die Person die votet, curator genannt, ein größerer Teil geht an den author dessen Beitrag gerade ein upvote (entspricht gefällt mir) bekommt. Der ausgeschüttete Betrag pro upvote kann Bruchteile eines Cents betragen oder auch mehrere Dollar - das kommt auf die Reputation des curators an. Je hochwertiger und interessanter ein Beitrag, desto mehr Votings, desto mehr Steem Dollar sammeln sich an.

Fazit: Autoren werden von Steemit für Ihre gute Arbeit finanziell belohnt. Leser, die gute Beiträge upvoten in geringerem Maße ebenfalls. Und das ist dann auch der größte Unterschied zu Facebook: bei Facebook landen alle Einnahmen in den Taschen von Mark Zuckerberg. Bei Steemit werden alle Einnahmen nach einem möglichst gerechten System an die aktiven Mitglieder ausgeschüttet. Ich finde das genial.

Der Einstieg bei Steemit, der social media Plattform und digitalen Währung, ist übrigens ganz simpel. Du musst nichts installieren, Dein Steemit-Account ist zu gleich deine Wallet (digitale Brieftasche) und dein Benutzername ist gleichzeitig die Adresse über die du Steem und Steem Dollar senden und empfangen kannst. Einfacher geht es nicht :-)

Am 23. Juli 2016 und den folgenden drei Tagen veröffentliche ich einige Artikel auf Steemit. Es dreht sich dabei hauptsächlich um technische Dinge, Steemit betreffend. Da sich Steemit weiterentwickelt ist einiges davon inzwischen veraltet.

1. Klinik Einweisung, 27. Juli 2016


Mir geht es doch relativ gut!

Am Mittwoch, den 27. Juli 2016 muss ich mich ins Küchwald-Klinikum Chemnitz, Abteilung Hämatologie/Onkologie einweisen lassen. Mein Hausarzt hatte festgestellt, das meine Blutwerte katastrophal sind. Lebensbedrohlich, stand auf dem Ausdruck. Ich werde heute gründlich Untersucht: Blutentnahmen, EKG, Ultraschall und eine Knochenmarkspunktion im Beckenkamm.

Donnerstag, 28. Juli 2016: die Knochenmarkspunktion muss wiederholt werden, die gestrige erbrachte nicht genügend verwertbares Material.

Freitag, 29. Juli 2016: zur Visite erhalte ich die Diagnose: Hochrisiko-MDS RAEB-II mit 20 Prozent Blastenanteil im Knochenmark. Ich höre dies zwar, fasse es aber noch nicht.

Samstag/Sonntag, 30./31. Juli 2016: Ich darf übers Wochenende nach Hause.

Montag, 1. August 2016: Ich muss wieder ins Krankenhaus, weitere Untersuchungen folgen.

Mittwoch, 3. August 2016: Ich erhalte zum ersten Mal zwei Beutel Erythrozyten-Konzentrat, um meinen sehr niedrigen Hämoglobinwert anzuheben. Danach fühle ich mich 10 Jahre jünger :-)


eine Erythrozyten Infusion zur Stabilisierung meines Hämoglobinwertes

Donnerstag, 4. August 2016: Ich werde nach Hause entlassen. Ich muss das ganze verarbeiten. Recherchiere im Internet, lese Broschüren, erfahre die Schwere und die Konsequenzen dieser Erkrankung, bin in einem Wechselbad der Gefühle. Zwischen Verzweiflung und Hoffnung.

Montag, 8. August 2016: ambulante Sprechstunde bei Frau Dr. Herbst. Sie hat gute Nachrichten, wenn man das in meiner Situation so nennen kann. Sie hat mit Professor Dr. Platzbecker (einer DER Spezialisten für die Behandlung von MDS) an der Uni-Klinik Dresden telefoiert und mich in einer Medikamenten-Studie untergebracht. Es geht um die Behandlung von MDS-Patienten mit dem relativ neuen Medikament Vidaza und die Auswirkung der Behandlung auf die Lebensqualität der Patienten. Frau Dr. Herbst hat große Erwartungen an dieses Medikament und rät mir, unbedingt an dieser Studie teilzunehmen. Sie vereinbart einen Termin für mich am Mittwoch den 10. August bei Prof. Dr. Platzbecker an der Uniklinik Dresden.

Mittwoch, 10. August 2016. Professor Dr. Platzbecker, ein sehr sympathischer Mensch, klärt mich über die Medikamentenstudie und das Medikament Vidaza auf. Vidaza ist zwar eine Chemotherapie, aber eine sanfte. Es wirkt auf genetischer Ebene bei der Zellteilung und soll den programmierten Zelltod mutierter Zellen (der ja bei meinen entarteten Stammzellen nicht mehr funktioniert) wieder reaktivieren. Die Vidaza-Behandlung erfolgt in Zyklen: Sieben Tage lang von Montag bis Sonntag, werden täglich zwei Spritzen dieses Medikamentes subkutan ins Bauchfett verabreicht. Dann drei Wochen Pause. Danach der nächste Zyklus. 4 bis 6 Zyklen sind nötig, bis sich ein nachhaltiger Behandlungserfolg einstellt. Diese Behandlung kann das MDS aber lediglich zurückdrängen. Nicht heilen.

Wir vereinbaren, dass mein erster Vidaza-Zyklus am Montag, den 29. August 2016, beginnt. Denn vom 14. August bis zum 28. August werde ich mit meiner Frau und zwei befreundeten Ehepaaren im Urlaub sein.


Vor der Rialtobrücke, Venedig am 23.08.2016. Noch immer beschäftigt mich die Frage, ob es sinvoll und möglich ist auf Steemit anonym zu bleiben.

Wird der Urlaub im August 2016 mein letzter Segelurlaub sein? Ängste quälen mich.

Heute ist Samstag, der 14. Januar 2017, Tag t-11


Sabine und ich am 14. Januar 1984

Genau heute vor 33 Jahren haben Sabine und ich uns das Ja-Wort gegeben. Wir machen heute keine große Feier, aber meine Tochter Julia und mein Enkelchen Lotta sind an diesem Wochenende bei uns zu Besuch. Was könnte es Schöneres geben?


Julia und Lotta. - Sonnenschein in meinen Leben :-)

Ich habe Krebs. Einen ganz speziellen. Die blutbildenden Stammzellen im Knochenmark sind betroffen. Konkret: am 29. Juli 2016 wurde bei mir Hochrisiko-MDS RAEB-II diagnostiziert. Ohne die Hilfe der modernen Medizin eine absolut tödliche Krankheit.
So weit ich dazu in der Lage bin, werde ich regelmäßig an meinem Genesungstagebuch schreiben. Sollte sich mein Zustand mal vorübergehend verschlechtern, müsst ihr auf die Fortsetzung eventuell ein paar Tage warten :-)
Mit diesem Genesungstagebuch will ich nicht nur über meine Fortschritte (und eventuelle Rückschläge) berichten. Vor allem möchte Menschen in ähnlichen Situationen Mut machen. Egal ob sie selbst oder Angehörige bzw. Freunde betroffen sind.

Fortsetzung, Teil 8: Leben mit MDS - Ich wünsche mir Zeit

Die vorhergehenden Artikel findest du hier:

  1. Teil: Auf der Isolierstation der Hämatologie - Was passiert da eigentlich in meinem Körper?
  2. Teil: Auf "Am Wind Kurs" - Geburtstag feiern im Krankenhaus
  3. Teil: Die 72 Stunden Regel - Endlich nach Hause
  4. Teil: Prüfungen, Vorfreude und das Tal der dunklen Schatten
  5. Teil: Das Meer ruft - Ab in den Süden
  6. Teil: Club Nautique - Die Maus auf dem OP-Tisch

H2
H3
H4
3 columns
2 columns
1 column
16 Comments