Politik 094 - Pippi-Langstrumpf-Kollektivismus - Ein Beispiel

29. August 2018

Es ist Zeit, einen neuen politischen Begriff einzuführen, den des Pippi-Langstrumpf-Kollektivismus. Die Namensgeberin ist die bekannte Romanfigur Pippi Langstrumpf [1], die von der schwedischen Autorin Astrid Lindgren (1907-2002) [2] erschaffen wurde. Mit vollem Namen heisst sie Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf. In einer Verfilmung kam der heute bekannte Pippi Langstrumpf Song als Titellied vor [3]. Wichtig ist daran lediglich die Textpassage

Ich mach' mir die Welt - widdewidde wie sie mir gefällt ...

Nach der Einleitung soll das echte Beispiel folgen, dem ich das Etikett Pippi-Langstrumpf-Kollektivismus verpassen möchte. Es handelt sich dabei um die Stellungnahme zu Chemnitz [4] der Spitzenkandidatin für die Bayerische Landtagswahl der Partei Bündnis 90 / Die Grünen, Katharina Schulze (geboren 1985) [5]. Ich möchte diese Stellungnahme in voller Länge hier veröffentlichen und ein paar Anmerkungen anfügen.

Hallo zusammen. Die furchtbaren Bilder aus Chemnnitz von gestern Abend lassen mich nicht los. Dort ist ein rechter Mob durch die Strassen gezogen, sie haben den Hitlergruss gezeigt, Menschen gejagt und gezielt eskaliert. Gewaltbereite Neonazis und unterstützende Bevölkerung haben eine toxische Mischung gebildet, alles mit freundlicher Unterstützung durch die AfD. Deren Hass und Hetze zusammen mit den gefestigten neonazistischen Strukturen wurden zu einem eskalierenden Strassenterrorismus.

Das muss aufhören.

Ich fand die Bilder gestern aus Chemnitz erschreckend und beängstigend. Wie muss es dann erst für die Migrantinnen und Demokratinnen und Demokraten vor Ort gewesen sein?

Ich möchte in einem Land leben, in dem alle Menschen frei und sicher leben können. Ich möchte in einem Land leben, in dem ich nicht solche Sätze lesen muss, wie die von der Opferberatungsstelle, die geschreiben haben, dass Migrantinnen und Migranten die Innenstadt doch bitte weiträumig meiden sollten. Und ich möchte in einem Land leben, in dem wir eine starke und bürgernahe Polizei haben, die das Gewaltmonopol durchsetzt und den rechten Horden die Strasse nicht überlässt.

Da würde ich übrigens gerne einmal etwas von unserem Bundesinnenminister hören. Der hat doch sonst immer ienen markigen Spruch auf Lager. Ich würde jetzt gerne wissen, wie er gedenkt, diese Herrschaft des Unrechts durch den rechten Mob zu beseitigen.

Eine Sache hat mir gestern Abend doch Mut gegeben. Es gibt auch in Sachsen viele Menschen, die aufstehen und zeigen, dass es auch ein anderes Sachsen gibt. Und für uns alle bedeutet das doch, dass wir in jedem Bundesland daran arbeiten müssen, dass sich solche Bilder nie wieder wiederholen.

Ich möchte, dass die Polizei den Fahndungs- und Ermittlungsdruck auf die rechte Szene erhöht. Ich möchte, dass der Verfassungssschutz endlich die AfD beobachtet. Ich möchte mehr Demokratiebildung, in der Schule und ausserhalb der Schule. Und ich möchte eine stärkere Förderung der Zivilgesellschaft. Und vor allem brauchen wir uns alle. Wir brauchen Zivilcourage und wir müssen aufstehen. Denn in unserem Land wird niemand von einem rechten Mob durch die Strassen gejagt. Und in unserem Land gehören rechte Strukturen endlich konsequent bekämpft und zerschlagen! Und in unserem Land hat Rassismus keinen Platz! Denn unser Land ist vielfältig, demokratisch und weltoffen. Und das werden wir verteidigen. Und jetzt, als Antifaschistin noch eine klare Message an den rechten Mob: Wir Demokratinnen und Demokraten, wir werden nicht weichen. Ihr werdet weichen.


In dem kurzen Redebeitrag zähle ich 8 Mal das Wort wir und 7 Mal das Wort uns. Es wird versucht ein zweifelsohne wenig rühmliches Ereignis zu instrumentalisieren und anhand dieses Beispiels einen Gegenentwurf zu zeichnen, zu dem es aber keinen Ansatz eines Umsetzungskonzepts gibt oder eines Anreizsystems, welches automatisch zu der gezeichneten Vision führt. Das einzige, was gesagt wird, ist, mir gefällt das nicht, also muss es weg, wenigstens soll es aus meinen Augen verschwinden. Und damit das geschehen kann, braucht es bestimmt mehr als nur ein paar hübsche Worte, nicht?

Die Entstehung und der Aufstieg der Grünen Partei in Deutschland, die zu wesentlichen Teilen vor meiner und Frau Schulzes Jugendzeit stattfand, war doch auch ein Beispiel ähnlicher Kategorie. Auch diese Bewegung konnte nicht langfristig aus dem politischen Diskurs herausgehalten werden. Will man Menschen wirklich fernhalten, muss man sie irgendwie mit einem Kuhhandel über den Tisch ziehen und ruhig stellen oder sonstwie bestechen. Indem man nur wiederholt sagt, was in der eigenen Utopie nicht vorzukommen hat, vergrössert man höchstens die eigene Realitätsferne.

Meine Frage ist: Ist das wirklich alles, was der deutsche politische Diskurs zu bieten hat? Und gibt es tatsächlich Menschen, die von einer Stellungnahme in diesem Stil positiv ergriffen sind?


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Pippi_Langstrumpf
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Astrid_Lindgren
[3] Pippi Langstrumpf | Intro Song. 123nami YouTube Kanal, 08. Januar 2011
Hey, Pippi Langstrumpf Songtext https://www.songtexte.com/songtext/astrid-lindgren/hey-pippi-langstrumpf-3cf8d83.html
[4] Statement zu Chemnitz – Katharina Schulze. Katharina Schulze YouTube Kanal, 28. August 2018
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_Schulze


Bisherige Posts in der Rubrik «Politik».
Übersicht über alle Rubriken.

H2
H3
H4
3 columns
2 columns
1 column
22 Comments