Das Gemüt der Seehundseskimos ist wie die Oberfläche der vielen Binnenseen, die ihr Land erfüllen. Sie kommen hurtig in Bewegung, beruhigen sich aber auch leicht wieder. Doch setzten sie ihre Ehre darein, das seelische Gleichgewicht zu bewahren, und selbst wenn sie schwer getroffen werden, fällt es ihnen nicht schwer, zu resigniernen, man hört sie beinahe niemals klagen. Es ist, als ob sie die glückliche Fähigkeit hätten, sich mit der Feststellung von Schwierigkeiten zufrieden zu geben. Wirklichem Unglück begegnen sie mit einem stillen: "es konnte nicht anders sein".
Man und Frau leben als gute Kameraden zusammen. Obwohl die Frau für einen Schlitten, einen Kajak oder vieleicht für ein Stück Eisen oder einige rostige Nägel gekauft ist, wird sie doch durchaus nicht wie ein Gegenstand behandelt, dem man keine Rücksicht schulde.
Polygamie kommt vor, ist aber wegen Frauenmangels nicht verbreitet, hat ein Mann mehr als eine Frau, so ist es immer ein Zeichen von Ansehen und besonderer Tüchtigkeit auf der Jagd. Obwohl Eifersucht durchaus kein unbekanntes Gefühl ist, kommen die Mitfrauen sehr gut miteinander aus.
Auch Poyandrie findet man und nicht selten hat eine Frau zwei Männer. Diese Ehen verlaufen jedoch selten gut, wenn die Männer jung sind, und sie enden oft damit, daß einer von ihnen totgeschlagen wird.
Die Welt ist gewaltig und hat auch Platz für Menschen, wenn sie sterben und nicht mehr auf der Erde zu sehen sind. Es gibt drei Stellen, zu denen man nach dem Tode kommen kann. Da ist Angerdlartarfik, worunter man "die ewigen Dörfer der frohen Heimkehr" versteht; es ist das Land der Freude und liegt irgendwo im Himmel. Ein Schamane, der sie besuchte, hörte ein altes Weib rufen: "Wenn ich doch nur gewüßt hätte, das es am besten ist, jung zu sterben!" Und das rief sie, weil man das Alter behält, in dem man stirbt. Die alt sterben, haben es daher immer schwer, mitzukommen. Deswegen dürfen wir auch nicht traurig sein, wenn jemand jung stirbt.
Dann ist da gleich unter der Erdkruste Noqumiut oder "das Land der Kopfhänger". Hierher kommen die Männer, die schlechte Fänger waren, und die Frauen, die keine Tätowierungen haben. Sie lassen immer den Kopf hängen und ihr Kinn ist ganz in die Brust hineingesunken. Sie sind immer hungrig, weil ihre einzige Nahrung aus Schmetterlingen besteht.
Dann ist da endlich die Unterwelt, Agdlet, oder das "Land der Toten".
- Teil 1 Einleitung, Kartenübersicht
- Teil 2 Hudsonbay
- Teil 3 Neue Freunde
- Teil 4 Die Renntiereskimos und das Pfeilvolk
- Teil 5 Todfeinde und Sagen
- Teil 6 Die zweite Überwinterung
- Teil 7 Gespräche mit Schamanen
- Teil 8 Ins Land der großen Wale
- Teil 9 Amulettjagd beim magnetischen Nordpol
- Teil 10 Sommer auf King-Williams-Land
- Teil 11 Die Netsilingmiut oder Seehundseskimos
Bis nächstes Mal! / See you next time!
Danke für Deine Aufmerksamkeit! / Thank you for your attention!
by @schamangerbert 07/2017
SchamanGerbert